„Zugezogenen liegt die Dorferneuerung am Herzen“

Menschen stehen zusammen vor eine Häuserzeile Petra Tebrün

Spaziergang zur Ev. Kirche und Dorfrundgang in Vendersheim

Vendersheim ist ein idyllisches, sehr hübsches Dorf. Dieser Eindruck vermittelt sich dem Besuchenden sofort bei der Einfahrt in der Hauptstraße. Wie wir später erfahren, bereichern auch die Zugezogenen das Gesicht des Ortes und renovieren alte verlassene Häuser fachkundig und liebevoll.

An einem sonnig-heißen Tag informieren sich Teilnehmende des Ev. Dekanat Alzey-Wöllstein in der Ev. Kirche Vendersheim über das neugotische Gotteshaus der Gründerzeit, indem aktuell 14tägig Gottesdienst gefeiert wird. Pfarrer Harald Esders-Winterberg führt die Interessierten durch die renovierte Kirche; der Raum wirkt licht, hell und großzügig. Eine originale Kirchenbank aus 1870 ist erhalten, ebenso die alte Kanzel und Orgel aus dem 19. Jahrhundert – ein Kleinod ebenso wie die aufwendig gemalte historische Kassettendecke. Taufbecken und Altar (Stahlkonstruktion in Kreuzform) sind im modernen Glas-Stahl Ensemble von Claudia Poschmann entworfen. Die Gemeinde hat sich die Kirche in Hochheim zum Vorbild genommen und den Architekten Ekkehard Enders mit ins Boot geholt.

Durch die Bestuhlung ist das Gebäude multifunktional benutzbar und zukunftsfähig verändert worden. So beherbergte der Kirchenraum bereits ein Beduinenzelt (mit Mose unterwegs).

Einst war die Ev. Kirche eine Simultankirche und lag ein paar hundert Meter weiter auf einem Hügel, wie Ortsbürgermeisterin Elfi Sieben-Schmitt weiß. Unter der Dorf-Eiche vor den beiden Kirchen zeigt sie der Gruppe, wo früher die alte Dorfschule (heute Kita) und Feuerwehr war.

Einblicke in die Dorfgeschichte

Ort und Kirche verändern sich im Lauf der Jahrhunderte. Vendersheim ist eine fränkische Gründung mit einer Ortsbefestigung durch Wassergräben und Scheunenkranz. Eine frühe Besiedlung bestand bereits in der Jungsteinzeit. Ausgrabungsgegenstände dieser Zeit befinden sich in Mainzer Museen. Der Platz an der Kirche ist heute ein Treffpunt für Bürgerinnen und Bürger, z.B. am Eis-Auto. Hier befindet sich auch die ehemalige Schule mit Lehrerwohnhaus. Heute wird das Gebäude für den Kindergarten der Gemeinde genutzt. Das Lehrerwohnhaus wurde verkauft. Das ehemalige Feuerwehrhaus wird renoviert und als Abstellraum für Vereine genutzt. Die Eiche am Platz wurde nach dem 1. Weltkrieg gepflanzt.

Der Friedhof von Vendersheim wurde einst in einen katholischen und evangelischen Teil aufgeteilt.

Die urkundliche Erwähnung einer Kirche zu Ehren des hl. Martins oberhalb des Dorfes erfolgte erstmals im 14. Jahrhundert. Der frühromanische Turm und das gotische Kirchenschiff wurden als Simultankirche genutzt. Wegen fehlender Renovierung verfällt das Gebäude zusehends - 1866 folgt der Abbruch der Kirche.

Ab 1900 wächst das gemeinschaftliches Engagement in der Gemeinde: Es entstehen die Winzergenossenschaft, die Gründung von Gefriergemeinschaft und Bügelgemeinschaft, und das Wiegehäuschen.

Vendersheim ist durch ein harmonisches Ortsbild geprägt, die schön renovierte alte Bausubstanz, oft durch Neubürger in der Gemeinde entstanden, ziert das Ortsbild.

Die ehemalige jüdische Gemeinde in Vendersheim zeichnet um 1850 bis zu 50 Personen, 1905 waren noch 20 Personen ansässig, 1933 noch 3 Familien.  Eine Familie konnte emigrieren, die beiden anderen Familien kamen in Konzentrationslagern ums Leben. Derzeit gibt es Bemühungen um einen Gedenkstein auf dem Friedhof.

Die Ortherren von Vendersheim – die Grafen von Eltz-Kempenich - mit den Lehensherren Brenner von Stromberg – wohnten vermutlich im Wohnturm in der heute fälschlicherweise Bremerturmgasse benannten Straße Wegkreuz am Klauer.

Teil der alten Infrastruktur in Vendersheim waren 3 Lokale teilweise mit Kegelbahn, Ladengeschäften, Bäckerei, vielfältigem Handwerk, Bank, Post, Raiffeisenlager, Busanbindung (Transfer zu Straßenbahnstation in St. Johann zu Einkäufen in Bad Kreuznach).

Die Ortsgemeinde war ländlich geprägt mit Weinbau, Ackerbau, und Viehhaltung bis in die 50iger Jahre. (laut Statistik gab es 1952 über 1000 Hühner im Dorf, und über 2000 Obstbäume um das Dorf!)

Die Katholische Kirche St. Martin wurde im Jahr 1790 errichtet. Unterstützt wurde der Bau von den Ortsherren, den Grafen von Eltz. In der Kirche befinden sich ein Taufbecken mit Wappen der Fürsten von Stromberg und eine Glocke aus der Vorgängerkirche, sowie wertvoll geschnitzte Bänke, verschiedene Figuren und ein Hochaltar, der aus der Hofkapelle der Grafen ein Eltz in Mainz stammen soll. Ergänzt wird die schöne Ausstattung durch eine kleine Orgel der Orgelbauerfamilie Schlaad aus Waldlaubersheim.

Vendersheim liegt am Jakobspilgerweg, eine Stempelstation befindet sich an der Kath. Kirche:

Gedanken zu Lebenswegen

„Manche Wege führen mich in die Irre,

andere führen mich zum Ziel.

Manchmal gehe ich unbeschwert und ohne Gepäck,

manchmal gehe ich allein und fühle mich einsam.

Manchmal bin ich gespannt und voller Erwartung,

ein andermal gehe ich mit Angst und Zögern.

Welche Wege ich auch immer nehme

und in welcher Verfassung ich bin,

es sind unverwechselbar mein Lebensweg.

Durch sie bin ich geworden,

bin ich der, der ich bin.“

Das Ev. Dekanat Alzey-Wöllstein bedankt sich für den Einblick in die engagierte Dorfgemeinschaft.

Bericht: Elfi Schmitt-Sieben/Petra Tebrün