Spaziergang zum "Dom des Wiesbachtals"

veröffentlicht 26.11.2025 von Petra Terbün, Evangelisches Dekanat Alzey-Wöllstein

In Flonheim entdeckt Gemeindepädagogin Petra Tebrün mit einer interessierten Gruppe die Evangelische Kirche, zwei Rathäuser und viele weitere spannende Orte.

Flonheim hat viel rheinhessische Kultur und historische Besonderheiten zu bieten. Gut gelaunt und hochmotiviert betreten die 26 Teilnehmenden aus dem Ev. Dekanat Alzey-Wöllstein den „Dom des Wiesbachtals“, der in den Jahren 1882 bis 1885 erbaut wurde, nachdem die vorherige Kirche abgebrannt war. Pfarrer Tilman Zwanziger weiß, dass die Kirche in dieser Zeit „einmal umgedreht“ wird, sodass der Glockenturm nun mit dem historischen Marktplatz abschließt und von dort aus begehbar ist. 

Aktuell wird wieder gebaut: Im Zug der aktuellen Instandsetzungsmaßnahmen entsteht auch ein barrierefreier Zugang seitlich neben der Germania. Das Bibelgärtchen rund um die Ev. Kirche soll ebenfalls wieder neu angelegt werden. 

Flonheim, Köln und Worms – Besondere Verbindungen

Heute zeigt die neugotische Kathedrale eine Doppelturmfassade aus Flonheimer Sandstein, der übrigens auch im altehrwürdigen Kölner Dom verbaut wurde. Das Gotteshaus fasst 400 Menschen, mit Stehplätzen sogar an die 500. Die ganze Wucht und Macht des Kaiserreiches ist architektonisch umgesetzt und atmosphärisch noch spürbar. Ein sehr altes Ton-Bodenmosaik aus dem 13. Jahrhundert (Rosenmotiv) liegt hinter dem Altar verborgen und ist vermutlich aufgrund der geschützten Lage besonders gut erhalten. Die Sauer-Orgel wurde 2020 feierlich eingeweiht.

Drei Altarfenster zeigen linkerhand Szenen des Ersten Testaments (10 Gebote), in der Mitte sehen wir Bilder aus dem Zweiten Testament (Lamm Gottes, Kreuzigung und Auferstehung) - Johannes der Täufer steht auf der Schwelle – und rechterhand finden wir Motive der Heiligen Schrift und der Kirchengeschichte (Thesenaufschlag Martin Luther, St. Martin und Gustav Adolf auf Rügen). In einem Seitenfenster, das Wormser Bürger gestiftet haben, finden wir auch den Teufel und den Wormser Stadtschlüssel. 

Rathaus und Ortsmuseum präsentieren den Ort

Weiter ging es für die Gruppe mit Bürgermeister Jörg Thumann, der sein Amt seit September 2024 bekleidet und gleich zwei Rathäuser präsentieren kann. Am Marktplatz befindet sich das neue Rathaus mit dem Ortsmuseum, und dem „Flonheimer Leuchtturm für Touristik“, der Infothek. Das barrierefreie Förderprojekt für Tourismus hat Modellcharakter und ist die erste Anlaufstelle für Gäste der Region. Es wurde vom Landesministerium für Wirtschaft und Verkehr begleitet und mit 85% Förderung durch den Europäischen Fond für regionale Entwicklung unterstützt. Ein modernes interaktives Info-Terminal verweist auf touristische Angebote und Veranstaltungen. Eine Figurengruppe von Prof. Linke verbleibt als Dauerleihgabe in der Ausstellung. Eine Kooperation mit der Tourist-Info in Alzey besteht.

Flonheim wächst und zieht Touristen an

1969 wird Uffhofen Ortsteil von Flonheim. 2024 zählt die rheinhessische Gemeinde 11.000 Gäste und 17.000 Übernachtungen; in 6 Hotels und 12 Ferienwohnungen stehen 200 Betten für Gäste zur Verfügung. Über 20 Winzer sind im Ort ansässig, über 20 Vereine engagieren sich in Flonheim. Aufgrund des großen Engagements und mit Hilfe eines Zuschusses des EWR, konnten 7050 € für die neue Weihnachtsbeleuchtung akquiriert werden.

Um Flonheim für Neubürger*innen noch attraktiver zu machen, ist ein Gewebegebiet in Planung, vorhanden sind Grundschule, Realschule Plus und Apotheke, neuer Wohnraum soll geschaffen werden.

Alte Häuser, spannende Geschichte(n)

Gästeführerin Manuela Richter führt die interessierte Gruppe zum Haus Hinkel, einem spätbarocken Putzbau, 1742/43 erbaut, das Gästezimmer und Pferdestallungen bereithielt. Denn Flonheim war die erste Übernachtungsstätte der Postlinie Thurn und Taxis, die bis Innsbruck führte. Nicht nur die Postler (eine historische Post-Kutsche steht noch heute im Hof), ebenso die Treidler, die Leinenreiter, also Menschen, die Schiffe stromaufwärts von Bingen/Mainz nach Worms mit Seilen zogen, und Pferde, machten im Haus Hinkel Rast. Einmal konnte ein lombardischer Hilfsarbeiter die Zeche nicht bezahlen und so kam Flonheim zu seinem berühmten Trullo.

Der Flonheimer Zehntkeller mit 40 m Länge fasste über 100.000 Liter Wein. Das westliche Ende der alten Stadtmauer führt durch einen Privatgarten und ist für die Gruppe zugänglich. Zwei jüdische Friedhöfe befinden sich in Flonheim, im Innenhof des neuen Rathauses erinnert eine Stele an vertriebene und ermordete jüdische Bürger*innen aus Flonheim. 

Am alten Rathaus, das bis 2012 in Betrieb war, unter den Arkaden (Rundbögen stammen teilweise aus 1733), hing im Mittelalter noch das Fleisch von der Decke. Ein Prangerstein verweist auf eine kleine Gefängniszelle. Aus 1921 ist ein letztes Urteil belegt: Eine Frau soll sich am Federvieh des Nachbarn gelabt haben. Nicht immer, aber oft ändern sich die Zeiten ja zum Besseren; so wird heute samstags unter den Arkaden Wein ausgeschenkt. Auch die Gäste vom Ev. Dekanat Alzey-Wöllstein sind eingeladen, sich - ganz rechtmäßig - an einem „Piffche“ zu laben.     

Wir danken Bürgermeister Jörg Thumann, Gästeführerin Manuela Richter und Pfarrer Tilman Zwanziger sehr herzlich für die Gastfreundschaft und den fachkundigen und unterhaltsamen Spaziergang.

Besuchen Sie Flonheim im Advent

Haben Sie Lust bekommen, Flonheim einmal selbst zu erkunden? Dann kommen sie doch zum Flonheimer Weihnachtsmarkt am 1. Advent, dort können Sie u.a. auch Kalender der Kirche zugunsten des Kirchendachs erwerben, oder besuchen Sie den Ort am 3. Advent, wenn der Posaunenchor beim ökumenischen Gottesdienst aufspielt.